Drohnen in Deutschland 2025: Interview mit Chris Janke

Christian Janke ist Associate Professor am College of Aviation der Embry Riddle Aeronautical University Worldwide Campus und Lehrstuhlinhaber für den Bachelor of Science Uncrewed and Autonomous Systems and Associate of Science in Uncrewed Systems.

Nach seinen Verwendungen als Hubschrauberführer und in der Informationsarbeit der Bundeswehr wechselte er in die Forschung, wo er nationale und internationale Forschungsprojekte im Luftfahrtbereich koordinierte. Sein Forschungsschwerpunkt ist derzeit die sichere Integration von Drohnen in den Luftraum, die Potentiale von Urban Air Mobility, die Nutzung von kleinen Drohnen in der Bildung und die Verhinderung von Missbrauch von Drohnen.

Das Interview führte Björn Stahlhut.

Chris Janke im Interview über Drohnen in Deutschland
Chris Janke im Interview mit CPM
Foto: privat
Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Situation zu illegalen Drohnenflügen in Deutschland dar?

Eingangs möchte ich folgendes feststellen. Drohnen werden in Deutschland und Europa in den allermeisten Fällen sicher und regelmäßig zu privaten, kommerziellen und staatlichen Zwecken genutzt. Diese Nutzung geschieht im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen, mit registrierten Nutzern, versicherten Drohnen und außerhalb von Flugverbotsgebieten. Diese Realität sollte bei der aktuellen, sehr aufgeregt geführten, Debatte nicht vergessen werden.

Wie wir alle den Medien entnehmen können, stellen mutmaßlich illegale Drohnenflüge dennoch ein wachsendes Problem für die öffentliche Sicherheit, die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger sowie den Schutz kritischer Infrastrukturen dar.

Die Zahl der vermuteten und gemeldeten – illegalen Drohnenflüge in Deutschland ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, was insbesondere auf den leicht verfügbaren Zugang zu leistungsfähigen Drohnensystemen und die unzureichende Sensibilisierung vieler Nutzerinnen und Nutzer zurückzuführen ist.

Ein Großteil der Luftraumverletzungen und illegalen Drohnen sind nach der Datenlage private Nutzer, welche die Gesetzeslage nicht kennen oder grob fahrlässig oder gar vorsätzlich diese missachten. Hier zeigt sich schon wie wichtig Sensibilisierung und Ausbildung sind.   

Mediale und behördliche Berichte verweisen regelmäßig auf Vorfälle in der Nähe von Flughäfen, Industrieanlagen oder Großveranstaltungen. Besonders kritisch sind Drohnenaktivitäten in der Nähe von Flughäfen, wo bereits kurze Sichtungen zur temporären Einstellung des Flugbetriebs führen können. Ebenso problematisch sind Überflüge von militärischen Einrichtungen, Kraftwerken und Justizvollzugsanstalten, bei denen Sicherheitsrisiken und potenzielle Bedrohungsszenarien zunehmen.

Lassen Sie uns als nächsten Schritt einmal den Blick in die Forschung und Ihren eigenen Wirkungsbereich wenden. Was sind Ihre zentralen Erkenntnisse?

Seit mehr als zehn Jahren hat sich aufgrund der Missbrauchsmöglichkeiten von Drohnen das Forschungs- und Technologiefeld „Drohnenabwehr“, oder auch „Counter UAS“ herausgebildet.

Seit 2013 war ich an mehreren nationalen Forschungsprojekten beteiligt, bei denen auch zahlreiche Verfahren und Optionen in drei Schlüsselphasen untersucht wurden. Diese sind Detektion, Verifikation und Abwehr.

Da wir immer im zivilen Umfeld und Anwendungsgebiet geforscht haben, waren mehrere technologische Verfahren bei Drohnendetektionen und Abwehr von vorneherein ausgeschlossen. Dies ist natürlich auch heute noch so.

Leider wird beim Thema zivile Drohnenabwehr häufig und schnell trotzdem von „Abschießen“ gesprochen oder gar gefordert. Und während sich innerdeutsche Behörden bei der Zuständigkeit uneinig sind, fragen sich Einrichtungen mit Schutzbedürfnis, welche Maßnahmen oder Produkte zum Schutz vor illegalen Drohnen geeignet sind. An dieser Stelle kann man deutlich sagen, dass die beste Herangehensweise die Ausbildung und Sensibilisierung von Personal ist, im Gegensatz zur Beschaffung von teurer Drohnendetektions- und abwehrtechnologie, von denen viele auch heute noch den Beweis ihres Nutzens schuldig bleiben.

Was kann man also tun? Welche Reaktion und Gegenmaßnahmen sind geeignet, um den Gefahren zu begegnen?

Einer der ersten Fälle zum Thema Drohnenmissbrauch und Schutz war ein aktivistischer Drohnenflug nahe einer Bühne auf dem die damalige Kanzlerin Angela Merkel stand. Hier ging es eher um den Personenschutz, und das dabei entstandene Foto steht heute sinnbildlich für die Angreifbarkeit und potenzielle Gefahr.

Seit einigen Jahren werden nun Drohnenflüge nahe oder über Einrichtungen mit Schutzbedürfnis immer häufiger gemeldet. Aufgrund der örtlichen Zuordnung und des nicht bekannten Hintergrunds der Flüge, geht man hier von illegalen Drohnenflügen unbekannter Herkunft aus.  

Fakt ist, fast immer werden erste Sichtungen und Erkenntnisse von Personen angezeigt, die kaum darin ausgebildet sind Drohnen zu erkennen und Gefahren realistisch einschätzen zu können. Es gibt keine standardisierten Meldeformate für mutmaßlich illegale Drohnenflüge und die wenigsten Organisationen, Betreiber Kritischer Infrastrukturen und Unternehmen haben einen Drohnenreaktionsplan.

Die Überwachung und Ahndung illegaler Drohnenflüge gestalteten sich in der Praxis als außerordentlich komplex. Zum einen fehlt es vielfach an technischen Möglichkeiten zur eindeutigen Identifikation und Lokalisierung des Drohnenpiloten. Zum anderen sind die bestehenden Sanktionsmechanismen in ihrer Durchsetzbarkeit begrenzt. Obwohl Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen vorgesehen sind, gelingt es den zuständigen Behörden häufig nicht, Verstöße effektiv zu verfolgen.

Vor allem aber sind technische Drohnendetektionslösung anfällig für Fehlalarme, wie Detektionen im Bereich „Falsch-Positiv“ oder „Falsch-Negativ“. In einem Fall wird eine Drohne detektiert, obwohl es sich um ein Flugzeug oder Vogel handelt, und im zweiten Fall wird eine tatsächlich auftretende Drohne gar nicht detektiert.

Der Mensch bleibt daher für einen wirksamen Schutz entscheidend, wenn er richtig ausgebildet ist und klare Anweisungen zur Reaktion hat. Mit diesem Thema beschäftige ich mich seit vielen Jahren intensiv, auch um passende Lehrgänge für BOS und Kritis Betreiber zu entwickeln.

Neben den kriminellen oder aktivistischen Hintergründen wird auch immer wieder das Thema hybride Kriegsführung angebracht. Wie stellt sich hier die Situation dar?

Im sicherheitspolitischen Diskurs der letzten Jahre hat das Phänomen der hybriden Kriegsführung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Unter diesem Begriff werden Strategien verstanden, die militärische, ökonomische, technologische und informationelle Mittel miteinander kombinieren, um gegnerische Staaten zu destabilisieren, ohne dabei offen in einen konventionellen Krieg einzutreten. In diesem Kontext treten Drohnen als asymmetrisches Instrument in Erscheinung, das aufgrund seiner geringen Kosten, einfachen Verfügbarkeit und schwer nachvollziehbaren Steuerbarkeit für staatliche wie nichtstaatliche Akteure gleichermaßen attraktiv ist. 

Besondere Relevanz kommt der möglichen Bedrohung kritischer Infrastrukturen zu – eben jener Systeme und Anlagen, deren Ausfall oder Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe, Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere gravierende Folgen für Staat und Gesellschaft zur Folge hätte. Dazu zählen insbesondere Energie- und Wasserversorgung, Informations- und Kommunikationssysteme, Verkehrseinrichtungen sowie militärische und industrielle Schlüsselanlagen. Illegale Drohnenflüge in unmittelbarer Nähe solcher Einrichtungen werden zunehmend als potenzielles Element hybrider Einflussoperationen betrachtet, die der Aufklärung, Störung oder Vorbereitung von Sabotageakten dienen könnten.

In mehreren sicherheitsanalytischen Berichten deutscher und europäischer Behörden wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass insbesondere russische Akteure im Kontext des andauernden geopolitischen Konflikts mit dem Westen gezielt auf solche unkonventionellen Methoden zurückgreifen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Jahr 2022 ist in zahlreichen europäischen Staaten eine Häufung von Drohnensichtungen über Energieanlagen, Militärstützpunkten und Kommunikationsknotenpunkten dokumentiert worden.

Auch in Deutschland wurde über wiederkehrende, nicht identifizierte Drohnenaktivitäten in der Nähe von Flughäfen, Gasterminals und Umspannwerken berichtet, deren Ursprung bislang ungeklärt ist. Manche Beobachter betrachten diese Aktionen als potenziell russische Aufklärungs- oder Testoperationen im Rahmen hybrider Kriegsführung interpretiert werden.

Interessanterweise treten viele solcher illegalen Drohnenflüege bei Dunkelheit auf und es wird von einer deutlichen Lichterführung berichtet, was eher nicht auf Spionage, sondern auf Show-offorce oder das Testen einer Reaktion hindeutet.  

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